23. Januar 2011: Erschöpfungsdepression

Jonas steht im Eckkiosk, um neuen Tabak für ihn und den King zu besorgen. Die Aushilfe ist in ein Telefongespräch verwickelt, fängt aber dennoch an, ihn zu bedienen. "Dabei habe ich doch alle Zeit der Welt", denkt sich Jonas. "Kommt denn heute niemand mehr zur Ruhe?"

---

"Habt ihr schon vom dieswöchigen Spiegeltitel gehört?" Jonas schleudert die Mütze auf die Hutablage über der Garderobe. "Burnout." Er schaut sich um. Der Italiener liegt auf der Couch unter dem Goodfellas-Poster, vergleicht Statistiken der italienischen Serie A und erwägt die Chancen für einen Champions League-Sieg des AC Milan. Die Witwe hat ihre Schuhe abgestreift, die Füße auf die Heizung gelegt, rührt in ihrem Kaffee und beobachtet gedankenverloren die Fußgänger vor dem Fenster. Der Student erledigt seine allmorgendlichen Daily Quests in World of Warcraft. "Kann uns nicht passieren, hm?"

- King: "Ich kann dir zwei wichtige Gründe nennen, die zur Verbreitung dieser sogenannten Volkskrankheit entscheidend beigetragen haben."
Jonas schaut ihn erwartungsvoll an, während er den Kulturteil aus der Mitte der Sonntagszeitung zieht. "Sag jetzt bitte nicht Mobiltelefone."
- King: "Rauchverbote beziehungsweise die Stigmatisierung von Rauchern und der Coffee to go. Kaffee- und Zigarettenpausen waren nicht produktivitätshemmend sondern -fördernd."
Jonas: "Dafür lebt man heutzutage länger."
- King: "Unsinn, man lebt kürzer. Man stirbt nur später."

---

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen