29. August 2011

Es ist spät und Jonas hat noch Hunger, will aber kein Geld mehr ausgeben. Der Tagesdeckel ist schon mehr als ausreichend beschriftet. Der Exmitbewohner setzt sich zu ihm und spendiert zwei Bier. Gut, denkt sich Jonas, vertreibt auch den Hunger. "Wie war's auf Korsika, im Zeltlager?" - "Korsika ist doch schon zwei Wochen her. Das Zeltlager war in Nordhessen. War ganz gut, haben jeden Abend ordentlich gebechert. Das schlaucht, wenn man immer bis drei oder vier Uhr Jägermeister stürzt und dann am nächsten Morgen um acht aus dem Schlafsack muss." - "Wie alt waren die Gören denn?" - "Zwischen dreizehn und fünfzehn. Die haben auch nichts getrunken. Dürfen ja gar nicht, dürfen wir gar nicht zulassen. Aber es ist etabliert, dass die Betreuer nachts noch einen heben. Weiß jeder, stört keinen."

Der Exmitbewohner ist Naturwissenschaftler und hatte vor knapp zwei Jahren das Zimmer der Mitbewohnerin zur Zwischenmiete bezogen, während sie in Skandinavien ein Jahr im Ausland verbrachte. Jetzt borgt er sich ab und an, wenn er noch was in der Stadt zu erledigen hat, eine Matratze und ein Dach über dem Kopf. Es verschlägt ihn in den Osten. Mit einem erschöpften Lächeln berichtet er von den Reisestationen der letzten zwei Monate. "Südspanien, Korsika, Amsterdam, hier, Nordhessen, Hamburg, holländische Grenze, wieder hier und morgen halt endlich Dresden und in der neuen Bude achtundvierzig Stunden einfach nur pennen." - "Holländische Grenze?" horcht Jonas nach. "Ja, aber nix. Nee, nee, gar keine Zeit. So müde ist das ja auch nichts. Damals, beim Zivi, mussten wir mal mit Blaulicht einen abholen, der zweiundsiebzig Stunden auf Amphetaminen durchgefeiert hat. Voll auf Pep und kam nicht mehr runter. Da hat sich der Typ gedacht, mach ich das halt manuell und sich ordentlich zwei, drei gebarzt. Mit fünfundzwanziger Puls haben wir die arme Sau abgeholt. Ist grad so durch. Nee, so müde ist das nichts. Hat der King auch Mineralwasser?" Plötzlich muss er grinsen und erzählt von einer Bekannten, die zum Frühstück Bier getrunken hat, nicht als Konter, sondern weil sie unbedingt Kohlensäure wollte und nichts anderes im Haus war. Ein drittes Bier unterhalten sie sich noch über Westerwelle und Libyen, dann steht der Exmitbewohner auf. "Na, eine kleine Mütze gönn' ich mir noch, morgen wieder Zug. Vielleicht sieht man sich mal wieder." Mit diesen Worten verschwindet er im Hinterzimmer auf der Couch und in den Osten. Jonas war noch nie in Sachsen.

---

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen